Welcher Rennrad Lenker?
Natürlich ist jedem die Notwendigkeit und Funktion eines Lenkers völlig klar, doch wusstest du auch, dass er neben dem Sattel der wichtigste Kontaktpunkt zum Rennrad ist? Der Lenker entscheidet maßgebend über den Komfort auf deinem Rad, nicht nur beim Greifen. Zahlreiche Varianten und Größen stehen zur Auswahl und können dir dabei helfen, den richtigen Lenker für dich zu finden, um mit maximalem Fahrspaß und ohne schmerzhafte Einschränkungen auf deinem Rennrad zu sitzen. Welche Modelle es gibt und worin sie sich unterscheiden, haben wir für dich hier zusammengefasst.
Allgemeines zum Rennrad Lenker
- Ergonomie auf dem Rennrad gehört längst zu den primären Zielen der Entwicklung und das auch mit gutem Recht: Nur wer beschwerdefrei und entspannt auf seinem Rennrad sitzt, kann über die gesamte Tourlänge seine Ressourcen schonen und somit effektiv Kraft sparen.
- Der Lenker bildet da keine Ausnahme, schließlich hast du ihn über viele Stunden in der Hand und führst damit dein Rad über die unterschiedlichsten Untergründe. So unterschiedlich die Hände der Radsportler sind, so unterschiedlich ist auch das individuelle Griffgefühl und die persönliche Vorliebe für den mehrfach gebogenen Lenkerbügel.
Lenkermaße
- Width = Lenkerbreite in mm, von Rohrmitte zu Rohrmitte gemessen: Sollte immer zu deiner gemessenen Schulterbreite passen!
- Drop = Lenkerhöhe in mm, senkrechtes Maß von Ober- zu Unterlenker, von Rohrmitte zu Rohrmitte gemessen: Je größer der Drop, desto tiefer musst du dich in die Unterlenkerposition bücken.
- Reach = Lenkertiefe oder auch Vorbiegung in mm, Maß von Mitte Oberlenker bis zum vordersten Punkt des Lenkerbogens: Je größer der Reach, desto mehr musst du dich strecken, um die Brems-/Schaltgriffe zu greifen.
Beispielbild eines Rennradlenkers mit den typischen Maßangaben:
Bildnachweis: © Profile DesignEntdecke unser Rennrad Sortiment
Die richtige Lenkerbreite für dich
Die Lenkerbreite richtet sich immer nach deiner Schulterbreite. Um diese zu ermitteln, messe mit locker hängenden Armen (am besten mit einem Partner) das Maß zwischen deinen beiden ertastbaren Schultergelenkspunkten wie in dem Bild angegeben.
Vermeide einen zu schmalen Lenker, er schränkt dich bei der Atmung ein und lässt die Lenkung deines Rennrades nervöser reagieren. Ein zu breiter Lenker dagegen macht das Rennrad unhandlich und träge, zudem verschlechtert er die Aerodynamik.
Grundformen eines Rennradlenkers
Grundsätzlich wird der Rennradlenker in drei unterschiedliche Grundformen eingeteilt:Am häufigsten ist heute bei dem Großteil neuer Rennräder ein Ergo Lenker verbaut, gelegentlich auch schon ein anatomisches Modell. Die Classic Variante findet -wie es der Name bereits verrät- bei klassischen Rennrädern (Retro- und Stahlrennräder) Verwendung, wird aber auch gerne noch von Radprofis eingesetzt. Bei Neurädern orientiert sich die Lenkerbreite an der Rahmengröße, das heißt an kleinen Rädern sind schmale Lenker verbaut, meist mit 400 mm Breite. An mittleren Rahmen meist Modelle mit 420 mm und an großen Rahmen solche mit 440 mm Breite. Abweichungen nach unten und oben sind möglich.
Die drei Grundformen teilen sich weiter in speziell abgewandelte Modelle auf, wie z.B. aerodynamische Lenker mit abgeflachtem Oberrohr, komfortable Lenker mit einer Biegung zum Fahrer (Backsweep) oder einen Versatz von Klemmung zu Oberlenker (Offset).
So unterschiedlich der Körperbau eines jeden Radsportlers ist, so klar ist auch, dass dir nicht immer der serienmäßig verbaute Lenker passen wird. Meist merkst du schon nach einer längeren Ausfahrt, ob das Modell gut zur Hand liegt, oder ob es noch Optimierungsbedarf gibt.
Der Bereich der optimalen Sitzposition (lies hier mehr darüber) ist sehr groß und daher können Beschwerden wie Nacken- oder Rückenschmerzen, Schulterschmerzen und generelle Haltungsschmerzen nicht immer eindeutig dem Lenker zugeordnet werden. Zu viele Faktoren wie die Oberrohrlänge des Rahmens, Länge und Winkel des Vorbaus und deine körperliche Fitness beeinflussen die Sitzposition und damit auch das subjektive Empfinden. Nicht umsonst boomt der Markt rund um das Thema Bike-Fitting, sodass wir dir bei anhaltenden Beschwerden auf dem Rad nur zu einer professionellen Analyse deiner Sitzposition raten können.
Ein richtiger und gut eingestellter Lenker löst viele Probleme. Es macht also durchaus Sinn, sich mit dem Thema Lenker zu befassen, da du hier mit überschaubarem Aufwand und geringen Kosten starke Veränderungen in deiner Sitzposition herbeiführen kannst.
Material und Preise
Wir empfehlen dir daher nur einen Carbon Lenker, wenn du dir über die richtige Lenkerform zu 100% im Klaren bist, über ausreichend Erfahrung bei der Montage und das passende Werkzeug verfügst und bereit bist, für einen kleinen Gewichtsvorteil einen höheren Preis zu bezahlen. Natürlich hat Carbon auch Vorteile: Neben dem geringeren Gewicht flext der Carbon Lenker mehr als die Lenker aus Aluminium, was zu höherem Fahrkomfort führt. Außerdem sind mit Carbon komplexe Formen möglich, was gerade bei höherwertigen Rennrädern im Aero Bereich und der Integration von Schalt- und Bremszügen erwünscht ist.
Einstellung des Lenkers und der Brems-/Schaltgriffe
Montagefehler
- Lenker zu weit nach oben oder unten gedreht, daher unbequeme Handhaltung mit daraus resultieren Beschwerden
- STI Hebel zu weit oben oder unten montiert, dadurch kein harmonischer Übergang zum Lenker und unbequeme Handhaltung mit spürbaren Kanten
- Beide STI Hebel unterschiedlich eingestellt, dadurch schiefe Sitzposition mit Beschwerden im Schulter- und Nackenbereich
Die richtige Lenkerposition finden
Hier gilt: Montieren, probesitzen und ggf. nachjustieren bis die gewünschte Lenker- und STI Position erreicht ist. Erst danach werden alle Schraubverbindungen mit dem richtigen Drehmoment angezogen und abschließend das Lenkerband gewickelt.
Optimale Einstellung am Beispiel des Ergo Lenkers
- Im vormontierten Zustand und das Rennrad auf ebener Fläche stehend, kannst du die Lenkerenden waagerecht einstellen.
- Wenn du die STI Hebel nun senkrecht ausrichtest, sollte sich ein harmonischer, fließender Übergang von STI zu Oberlenker ergeben.
- Achte in jedem Fall darauf, dass du in der Unterlenkerposition mit gestrecktem Zeige- und Mittelfinger problemlos die Bremsgriffe greifen kannst. Ist das nicht der Fall, passt der Bogen des Unterlenkers nicht zu deinen Händen. Tipp: Bei manchen STIs lässt sich die Hebelweite einstellen.
Lenkerband und weitere Möglichkeiten für mehr Komfort
Wer an den häufig genutzten Griffpositionen noch mehr für den Komfort tun möchte, kann vor dem Wickeln des Lenkerbandes speziell geformte Gel-Pads auf den Lenker kleben.
Neben der passenden Farbe und der für dich angenehmsten Oberfläche solltest du in jedem Fall darauf achten, dass das Lenkerband strapazierfähig, schnell trocknend, leicht zu reinigen, atmungsaktiv und vibrationsdämpfend ist. Je nach Fahrleistung und Beanspruchung empfiehlt es sich, das Lenkerband regelmäßig zu erneuern. Die Preise reichen hier je nach Qualität und Material von 5 € bis 45 €, der Großteil der Lenkerbänder kostet jedoch um die 25 €.
Rennrad Lenkerband wickeln - Eine Anleitung zum nachmachen
Lenker für das Race Rennrad
Ein typisches Lenkermodell der Kategorie Race ist der Schmolke Carbon Lenker „The Lightest One“ in der Klassik Form:
Als anatomische Variante mit höherem Komfort durch leichte Biegung zum Fahrer wird auch gerne der Racelite Carbon von Syntace verbaut:
Lenker für das Aero Rennrad
Ein typisches Lenkermodell der Kategorie Aero ist der ZIPP SL-70 Aero Lenker:
Eine Sonderform der Aero Lenker ist der bei Zeitfahrrädern verwendete TT (Time Trial) Aufsatz. Hier liegt der Fahrer mit den Unterarmen auf und greift die Aero Bars mit am Ende montierten Schalthebeln. Da in dieser Position der Oberkörper stark gebeugt ist und die Arme vor dem Oberkörper liegen, ist die Sitzposition sehr aerodynamisch. Die Position ist gerade für Einsteiger gewöhnungsbedürftig, da das Rad damit kippeliger als normale Rennräder zu lenken ist. Diese Sitzposition erfordert auch einen guten Fitnesszustand, um die extreme Haltung lange halten zu können.
TT Aufsätze können nachträglich auf normalen Rennradlenkern montiert werden und eignen sich besonders gut für Rennradfahrer, die mit ihrem Rennrad gelegentlich bei einem Triathlon starten wollen:
Reinrassige Zeitfahrräder fahren mit einen TT-Lenker, der in Form und Funktion alle aerodynamischen Ansprüche erfüllt. Oft ist die Montage und die Verlegung aller Schalt- und Bremszüge aufwendig und erfordert fortgeschrittene Schrauberkenntnisse.
Lenker für das Tour/Endurance Rennrad
Ein typisches Lenkermodell der Kategorie Tour/Endurance ist der Pro IsoCore Lenker von Bontrager:
Lenker für das Gravelbike/Cyclocross
Ein typisches Lenkermodell der Kategorie Gravel/Cyclocross ist der WCS Evomax von Ritchey:
Bei den schnellen Offroad-Rennern werden aktuell jedoch noch immer vermehrt "normale" Rennradlenker gefahren, die aufgrund des Geländeeinsatzes aber in einer Nummer breiter verbaut werden.